Der RWE-Fan an sich lässt sich charakterisieren als ebenso leidenschaftlicher wie auch leidgeprüfter Anhänger eines Vereins, der seinen eigenen Ansprüchen fast so sehr hinterherhinkt wie den Ansprüchen des Publikums. Fakt ist: RWE spielt nun Liga vier, was viele noch immer nicht einsehen wollen, vor allem die, die so alt sind, dass sie von sich behaupten können, schon einmal Erstligafußball an der Hafenstraße gesehen zu haben – und damit keinen Gast im DFB-Pokal meinen.
Fakt ist auch: RWE will wieder dahin zurück, wo sie einmal waren, Strunz hat dafür einen „Fünfjahres-Plan“ entwickelt, an dessen Ende der Traditionsverein aus dem Essener Norden zumindest wieder zweitklassig spielen soll.
Fünf Jahre bis zur Liga 2 – bedeutet auch, dass man auch noch im Zeitplan wäre, sollte der direkte Wiederaufstieg in dieser Saison nicht gelingen. Dennoch: Erklärtes Ziel ist der Aufstieg – und die Fans erwarten auch nichts anderes. Nun steht Essen nach sieben Spieltagen nur auf Rang sechs, bereits fünf Punkte vom einzig berechtigten Aufstiegsrang entfernt.
Grund zur Beunruhigung? Scheinbar schon. Die Pessimisten kommen aus den Löchern, in denen sie sich bis spätestens zur Trier-Pleite verstecken mussten und diejenigen, die vor der Saison böses erwartet hatten, sehen sich nun bestätigt. RWE versucht es mit einem Neuaufbau, was nicht nur auf Grund des klammen Geldbeutels notwendig war. Ein Versuch, der erstens einige Eingewöhnungszeit für die Mannschaft mit sich bringt und deswegen zweitens Geduld seitens des rot-weissen Umfelds fordert.
Xavier Naidoo, seit der WM 2006 so etwas wie der philosophische Barde der Fußballfans, singt es so treffend, als hätte er es für RWE 2008 geschrieben: „Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer.“ Man hat nun eingesehen, dass es definitiv kein Durchmarsch werden wird. Es bleibt aber noch genug Zeit, um das Feld von hinten aufzurollen und nach einem steinigen und schweren Weg am Ende doch noch jubeln zu dürfen.
Foto: firo.
Aus der letzten Saison habe ich gelernt. Damals war ich vielleicht zu optimistisch und habe zu lange geglaubt, dass wir die Qualifikation auf jeden Fall packen. Nun weiß ich, dass zu wenig Sorge bei RWE wohl niemals angebracht sein wird. Dennoch warne ich davor, schon jetzt in Aktionismus zu verfallen und alles zu verteufeln. So ein Neuaufbau braucht Zeit, zudem sind auch die anderen Teams in der Liga keine Übermannschaften, die schon jetzt uneinholbar sind.
Auch die Zweitvertretungen werden noch Spiele verlieren. Dann aber muss Essen da sein. Und ich habe noch eines gelernt aus der vergangenen Saison: Punkte einplanen sollte man nie. Drum fordere ich nun nicht, dass Worms weggehauen werden muss und dieser Sieg bereits sicher sei. Gegen den Tabellenletzten allerdings wäre alles andere eine weitere Blamage für uns „Aufstiegsfavoriten“. Drum hoffe ich einfach, dass es gut geht – auch, weil ich nicht erleben möchte, was an der Hafenstraße los wäre, sollte der Wormatia-Kick irgendwie schiefgehen.
André Maczkowiak (Foto: firo).
Diese Ungeduld, dieses oben erwähnte Anspruchsdenken, bringt nämlich vor allem in dieser Saison eine große Gefahr mit sich: Unzufriedene Fans machen ihrem Unmut Luft. Und Pfiffe machen die Jungs nervös, die somit weniger selbstbewusst und mutig spielen. Das gibt dann wohl weniger Punkte und wiederum mehr Pfiffe. Ein klassischer Teufelskreis. Es geht gerade bei diesem Neuaufbau, bei diesem Projekt Wiederaufstieg, wo nur der eine Rang zählt, darum, diesen Weg, der kein leichter sein wird und steinig und schwer, das man diesen Weg gemeinsam geht. Arm in Arm, sich stützt bei schwierigen Passagen, um dann zusammen oben den Ausblick von der Spitze genießen zu dürfen.
Eine gemeinsame Bergtour sozusagen. Hiermit beende ich meine Bergpredigt und erinnere an ein anderes Lied von Herrn Naidoo, dass er für Rot-Weiss Essen geschrieben hat: „Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir dann zusammen!“